Die Erde ist synonym für unseren Planeten und bezeichnet zugleich die dünne Schicht Boden, die unsere Lebensgrundlage ist. Menschen hatten daher zu allen Zeiten – unabhängig von ihrer kulturellen Prägung – sowohl ein reales als auch ein spirituelles Verhältnis zur Erde. Gerade in Verbindung mit besonderen Orten oder Ereignissen übte die Erde schon immer eine besondere Stellvertreterfaszination aus.

Der Altar

Der „Eine-Erde-Altar“ wurde von Marianne Greve als Work in Progress zum Jahrtausendwechsel im Rahmen der EXPO 2000 initiiert. Als stetig wachsendes internationales Kunstprojekt steht der Altar weltweit allen Menschen, Konfessionen und Kulturen offen und kann seither in der Eine-Welt-Kirche in Schneverdingen besichtigt werden (Anfahrt).

Kirche und Altar sind  seit jeher der Tradition verpflichtet. Im Eine-Erde-Altar wird der zeitgemäße Ausdruck über Form, Material und Methode gesucht. In einer technischen Struktur umfasst er als Flügeltriptychon (mit 7,00 m Breite, 4,20 m Höhe, und 0,15 m Tiefe) doppelwandige, glasperlgestrahlte Edelstahlprofile, sowie Glas und Erden.

Auf diese Weise nimmt der Eine-Erde-Altar zwar die äußere Form eines Flügeltriptychons auf, unterscheidet sich aber grundlegend von bildlichen Holzaltären durch seine abstrakte, lichte und eher technische Struktur aus Stahl und Glas. Das in klassischen Altären oft als „Goldgrund“ dargestellte Licht ist über das offene Stahl- und Glasgerüst vor der lichtdurchfluteten, nach Osten ausgerichteten Apsis der Kirche direkt erfahrbar und Gestaltungsmoment. Insbesondere die transparenten, massiven halbrunden Buchrücken der Erdbücher, die mit einer dreizeiligen Gravur der errechneten Zufallsverteilung versehen sind, ermöglichen auch durch das von hinten einfallende Licht ein vielfältiges und lebendiges Farbspiel wie in einem Prisma: Über die Buchsuche können die eingesandten Erden abgefragt werden.

Seit der Jahrtausendwende werden Menschen unterschiedlicher Kulturen, Mentalitäten, Religionen und Weltanschauungen eingeladen, Erde für den Altar zu spenden und deren Bedeutung zu beschreiben. So entsteht unter der persönlichen und auch wissenschaftlichen Beteiligung verschiedener Institutionen mit der Zeit eine weltweite „Storykarte“. Natur- und kulturhistorisch relevante Erden stehen gleichberechtigt, georeferenziert und zufallsverteilt im Altar. Es finden sich Erden von Migranten, vom Dalai Lama oder vom Geburts- und Sterbeort eines jüdischen Mädchens aus der NS-Zeit. Weitere aktuelle zeitgeschichtlich relevante Erden stammen aus der Ukraine, dem Ground Zero in New York, dem Breitscheitplatz in Berlin oder auch vom Tsunami betroffenen Gebieten in Thailand. Aber auch ganz persönliche Geschichten finden sich, wie Erde von einer Hochzeitsreise, der eigenen Sandkiste im Hintergarten oder vom Ort des ersten Kusses.

„Die Begleitschreiben bilden zudem ein unvergleichbares Archiv von Zuschreibungen an die Erde“
– Prof. Dr. Monika Wagner in Hans Haacke: Der Bevölkerung … Diers, König Köln.

Im Zeitalter der Digitalisierung und dem damit verbundenen Kulturwandel können diese weltweiten Zuschreibungen auch Orientierung bieten. Obwohl wir selbst nicht nur im Rahmen der Digitalisierung, der Computertechnologie von „Seltenen Erden“ abhängig sind, fehlt uns mehr und mehr das Bewusstsein für den „Boden unter unseren Füßen“ und die Erde als Ganzes. Die Verschränkung von „Natur und Kultur“ tritt mit ihren alltäglichen Gegebenheiten in den Hintergrund. Es bleibt offen, ob die – nicht nur für uns Menschen – maßgebliche, langfristige Wertschätzung der Erde als Lebensgrundlage dabei noch Berücksichtigung findet.
Im Laufe der Zeit sind diverse Publikationen über den Eine-Erde-Altar erschienen.

Die Erdbücher

In den einzelnen Fächern des Eine-Erde-Altars werden letztendlich 7000 Erdbücher Platz finden. Durch die eingravierten Referenznummern bleiben die gespendeten Erdproben mit der jeweiligen erklärenden Legende und dem Spender verbunden. Die Erdbücher (jeweils 13x12x2 cm) verkörpern nicht nur durch ihre klassische Buchform die Repräsentation des menschlichen Wissens und der Erfahrung,  sondern beziehen sich in ihrer Größe auf die menschliche Hand, das menschliche  Tun und sind daher auch eine Versinnbildlichung des menschlichen Daseins insgesamt.

Die Struktur und Farbe der Erden bleibt ersichtlich. Die Schichtenfolgen von Sedimenten erlauben es, die Vergangenheit Schicht für Schicht – wie Blatt für Blatt in einem Buch – nachzuvollziehen. Die Essenz, die Geschichte der jeweiligen Zeit – vom Klima bis zu den kulturellen Lebensäußerungen – ist darin enthalten. Dazu sind Topographien ebenso von Glaubensinhalten geprägt wie von sozialen und politischen Ideologien.
Maßgeblich für die Anzahl der Erdbücher im Altar ist der Bezug auf die siebentägige Schöpfungsgeschichte. Daneben spiegelt sich hier auch das Thema der menschlichen Vergänglichkeit wieder, welches in Psalm 90 aufgegriffen wird: „Tausend Jahre sind vor Dir wie ein Tag.“
Durch das Kulturobjekt Buch ist das Element Erde in eine Form gebracht, die auf Schrift und Inhalt verweist. Diese Analogie vereinigt in den Erdbüchern das Reale mit dem Spirituellen, das Lokale mit dem Globalen, das Haptische mit dem Emotionalen, die Gegenwart mit den Ereignissen der Vergangenheit, die Wissenschaft mit den Religionen und das Individuum mit der Menschheit. Nicht nur die Literatur, sondern auch Orte erzählen Geschichten – oft sehr viel direkter und einfacher. Die Erde, der Boden hat das längste Gedächtnis!

Anhand der Dokumentation/Referenzierung werden sämtliche Erden zunächst über ein standardisiertes Formblatt erfasst und anschließend in die vorgefertigten Buchhüllen gefüllt. Die dreizeilige Gravur gibt die errechnete Zufallsverteilung der genauen Position (Spalte, Reihe, Buch) im Altar an. So ermöglicht die Gravur eine individuelle Kennzeichnung der Bücher, sowie einen direkten Bezug zu den Spendern und ihren Geschichten.

Diese Dokumentation kann über die Buchsuche abgefragt werden.

Work in Progress

Das bis heute andauernde „Work in Progress“ und die sich dadurch kontinuierlich verändernden, wachsenden Altarbestände mit den dazu gehörigen Legenden ermöglichen nicht nur der Gemeinde und den zahlreichen BesucherInnen vor Ort real und virtuell immer neue Erfahrungen, An- und Einsichten, die miteinander verknüpft werden können. Die Erde – der Boden – ist und bleibt eine immer währende Inspirationsquelle für das Leben und unsere Kultur.

2003

2023

Als Auftakt verorteten die Gemeindemitglieder der Markusgemeinde bereits im Vorfeld 1999 mit einem Kontingent von fertiggestellten Erdbüchern den internationalen „Eine-Erde-Altar“ zu dessen Einweihung. Dazu sind einige erstmals in ihre ursprünglichen Heimatorte gereist, die sie als ehemalige Kriegsflüchtlinge verlassen mussten.

Die weltweite Teilnahme wurde anschließend im Rahmen der EXPO 2000 in Hannover durch die teilnehmenden Länderpavillons eröffnet und im ökumenischen Christuspavillon überreicht. Seither sind der Einladung,  eine persönliche Erde zu spenden  zahlreiche Menschen und Institutionen gefolgt.

„Der Ort ist wichtig. Denn ich sage, wir leben nun mal auf diesem Planeten, und wenn man den als einen Organismus betrachtet, der lebt, so spielt der Ort eine Rolle“.

Joseph Beuys, Henning Christiansen
Celtic (Kinloch Rannoch) in Schottische Symphonie

Es hat sich immer wieder gezeigt, dass allein die Aufforderung, Erde auszuwählen und zu beschreiben, die persönliche Beziehung der Spender tiefgreifend verändert und in vielfältigen Bezügen oftmals wieder neu im Bewusstsein verankert, was im Altar weltweit geteilt werden kann. Dabei ist die Erde stets Bezugspunkt der persönlichen Erfahrung, aber ist darauf nicht beschränkt – sie steht für sich selbst. Sie ist insbesondere weder gut noch böse oder einer bestimmten Religion zugeordnet. Es gibt nur Boden an Orten, die von den jeweiligen Schicksalen und Kulturen ebenso geprägt werden wie von Naturereignissen.

So vielfältig wie die Farben der Erdbücher sind die damit verbundenen bewegenden, traurigen, amüsanten oder schockierenden Geschichten, die von den Kontinenten und ihrer natürlichen Vielfalt berichten. Gemeinschaft wächst aus dem Verweben dieser Geschichten – Erzählungen, die nicht nur Menschen miteinander verbinden, sondern uns auch in Beziehung zur Erde und ihrer lebendigen Umwelt setzen.

Mitmachen

Es gibt vielfältige Möglichkeiten an dem laufenden Work in Progress des Eine-Erde-Altars teilzuhaben:

Erde für den Eine-Erde-Altar spenden

Senden Sie bitte die ausgewählte Erde zusammen mit dem ausgefüllten Teilnahmeformular ein.

Um eine vollständige, exemplarische weltweite Repräsentanz der Erden und Geschichten zu gewährleisten, stehen die noch freien Erdbuchplätze vorrangig den Ländern und Kontinenten zur Verfügung, die bisher noch nicht im Altar vertreten sind. Länderübersicht

Persönliche Geschichten sind dabei genauso relevant wie zeitgeschichtliche oder ökologische. Mit der Zusendung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihre Geschichte im Rahmen der Dokumentation der Erdbücher mit den dazu gehörigen Daten veröffentlicht wird. Die Teilnahme ist kostenfrei, es besteht aber kein Anspruch darauf, dass Ihre Erde noch in den Altar aufgenommen werden kann

Finanzielle Unterstützung für den Eine-Erde-Altar

Sie können das laufende Projekt auch finanziell mit einer Direktspende unter Angabe des Verwendungszweckes „EEA“ bzw. „Eine-Erde-Altar“ auf das folgende Spendenkonto fördern:

Evangelisch-lutherische Markusgemeinde Schneverdingen
IBAN DE62 2585 1660 0000 2716 19
Verwendungszweck: Eine-Erde-Altar

Auf Wunsch kann eine Spendenquittung ausgestellt werden.

Erwerb eines Eine-Erde-Buchs

Darüber hinaus kann eine limitierte Sonderedition erworben werden – ein handsigniertes Multiple, gefertigt aus den für den Altar eingesandten, überzähligen und vermischten Erden. Durch das variierende Mischungsverhältnis wird jedes Buch zu einem Unikat. Der Erlös aus dieser Sonderedition dient – nach Abzug aller Herstellungskosten – ebenfalls der Unterstützung des laufenden Eine-Erde-Altar-Projekts.

Das Buch aus Mischerden (13 × 12 × 2 cm), das in Größe und Form den Erdbüchern des Eine-Erde-Altars entspricht, ist mit einer Vorrichtung zur Aufhängung versehen und wird so zu einer individuellen Wandskulptur, die von Licht- und Schattenspielen umgeben ist. Diese globale Mischerde verweist über sich selbst hinaus: Sie ist gleichsam verbunden mit jedem ihrer Anteile – dem Boden. Das Misch-Erde-Buch wird als Multiple zum weltumspannenden Träger der im Altar versammelten Erden und ihrer zugehörigen Legenden.

Diese Sonderedition umfasst eine handsignierte Box (17x23x3 cm) mit einer Kurzdarstellung des Projektes und ist für 200€ zzgl. Porto zu erwerben.

Bei Interesse wenden sie sich via E-Mail an: eineerde@greve.net

Danksagung

Das Projekt „Eine-Erde-Altar“ wurde finanziert durch die Niedersächsische Lottostiftung, die Niedersächsische Umweltstiftung und die Hanns Lilje Stiftung.

Schirmherrschaft

Landesbischof i.R. Horst Hirschler, Landesbischhöfin Dr. Margot Käßmann

Die evangelisch-lutherische Markusgemeine Schneverdingen, die evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover, das Weltforum Wald, Kirchlicher Dienst, Arbeitskreis Lüneburger Heide, der Landkreis Fallingbostel und die EXPO2000 GmbH sind Träger und Förderer dieses Projekts.

Das Projekt wurde ferner unterstützt von

Dr. Harald Andruleit, Badulo Bahlburg, Professor Dr. Jürgen Becker-Plathen, Horst Beinlich, Christian Cordes, Paul Dalby, Dr. Felix Greve, Georg Greve, Dr. Wulf Greve, Frank Hasselberg, Professor Dr. Thomas Höpner, Frank Reiners, Bernhard Reiter, Stefan Schierding, Lothar Tabery, Professor Dr. Gottfried Vauk, Michael Wedler, Professor Dr. Friedrich-Wilhelm Wellmer und Michael Ziegenbein.

Beim Befüllen und Sortieren der Erdbücher halfen mit

Irmgard Behrens, Annelies Brockmann, Ingrid Brooks, Monika Burger, Marianne Fassbaender, Werner Gerken, Ursula Gesche, Edith Gollin, Frank Hasselberg, Karl-Heinz Krienke, Hildegard Leverenz, Gesa Mahnke, Karin Mross, Ruth Otte, Marianne Peters, Dieter und Erika Possin, Annie Riebesehl, Monika, Saskia, Chantal und Swantje Pidun, Cheryl Scharley, Marianne und Otto Schroeder, Frau Seitz, Marlies Struck, Heinrich Weseloh.

Erdbuchdokumentation

Anette Warning, Christian Weseloh, Norbert Linke.

Fotografien

Helge Mundt, Ottmar von Poschinger (2003).

Webseitendesign

Martin Perlbach, Ilorenzo

Allen Beteiligten sei hiermit noch einmal herzlich gedankt.

Kontakt

Marianne Greve
eineerde@greve.net